Überflieger

Unsere Herkunft & Heimat

Viele von uns kommen von hier, wohnen hier und sind nie woanders als hier gewesen. Doch was ist „hier“ überhaupt?

Hier“ ist unsere Herkunft. Unsere Heimat. Für viele von uns haben diese beiden Worte wenig Bedeutung. Keiner fragt uns danach, wir haben wenig Grund, darüber nachzudenken, wo wir herkommen und wo wir beheimatet sind.

Doch wie schnell kann sich das ändern! Wie schnell gibt es plötzlich jeden Grund, darüber nachzudenken, wo du zu Hause bist. Und meistens wird das auch noch von anderen entschieden. Von deinen Eltern meistens, wenn sie auf einmal entscheiden, umzuziehen in ein anderes Haus. Von ihren Arbeitgebern, wenn deine Eltern plötzlich in einer anderen Stadt arbeiten sollen. Von ihrem Streit, wenn sie sich plötzlich trennen.

In unserer Umfrage „Herkunft und Heimat“, die wir vor einiger Zeit in je einer Klasse jeden Jahrgangs ausgeteilt haben, habt ihr darum meist kleine Umzüge angegeben. Von Scharnebeck und Adendorf nach Lüneburg und umgekehrt, von Bardowick nach Brietlingen, von Artlenburg nach Hohnstorf, von Wendhausen nach Echem. Auch aus anderen Städten in Deutschland wie Frankfurt, Hamburg, Würzburg, Flensburg, Stuttgart zogen einige hierher. Manchmal sind die Reisen, die wir oder unsere Eltern und Großeltern machten, aber noch viel länger, da liegt unsere Herkunft hunderte, tausende von Kilometern entfernt.

Für die meisten von euch ist die Herkunft der Ort, an dem ihr geboren wurdet, wo eure Wurzeln liegen, wo ihr eure Kindheit und Jugend verbracht habt. Und es scheint, als seien diese Wurzeln von uns Schülern des Bernhard-Riemann-Gymnasiums im kleinen Dorf Scharnebeck über den ganzen Globus verteilt. Von Österreich, Bulgarien, Rumänien, Lettland, Griechenland und der Türkei über östliche Länder wie Tschetschenien, Kirgisien und noch weiter Thailand und im Westen Amerika oder Brasilien.

In unserer Umfrage stellten gerade die Jüngeren unter uns heraus, dass es ganz egal ist, wo jemand herkommt. „Hauptsache, die Person ist nett“ schreibt eine Schülerin der fünften Klasse. „Mensch ist Mensch“, eine andere.

Anderen von uns geht ihre Herkunft mehr durch den Kopf. Herkunft sage aus, wer man ist, meint ein Achtklässler. Ein Schüler der zwölften Klasse erklärt, die Herkunft sei unveränderlich. Meistens ist das nicht schlimm, aber es kann für manche auch eine schwere Last sein. Immer etwas mit sich herumzuschleppen, auf das man gar keinen Einfluss hat und das man nicht verändern kann.

Aber zum Glück haben wir ja noch unsere Heimat. Diese sei veränderlich und frei wählbar. Alle von euch sind sich einig: die Heimat ist mehr ein Gefühl. Es ist dort, wo man sich wohlfühlt, wo man sicher und verstanden ist. Es ist kein Ort, der uns manchmal mehr und manchmal weniger an unseren Schultern nach unten zieht. Es sind Personen, unsere Familie und unsere Freunde, die uns umgeben und uns in unserem Leben unterstützend an unseren Schultern voranschieben.

Selten schrieb einer von euch, Heimat sei Deutschland. Meistens eher Lüneburg. Eher eine Stadt als ein ganzes Land. Ein Dorf. Ein Haus. Ein Zimmer. Ein Schüler der fünften Klasse schrieb, seine Heimat sei bei seiner Mutter und auch bei seiner Oma, denn bei beiden habe er ein eigenes Zimmer.

Und Heimat ist gleichzeitig auch Zeit. Viele schrieben, Heimat sei der Ort, wo man seine Kindheit verbracht hat. Also ist Heimat Vergangenheit. Ein Elftklässler schrieb zum Beispiel, Heimat sei, was man schon gewohnt ist, einen Dialekt oder das Essen. Und eben die Erinnerungen.

Und Heimat ist auch Gegenwart. Denn für alle ist die Heimat der Ort, an dem sie gerade leben.

Zuletzt ist Heimat Zukunft. Ein Neuntklässler erklärt, Heimat sei der Ort, an dem man sein Leben verbringen möchte. Das klingt schön. Auch was ein Achtklässler schreibt: Heimat ist der Ort, an dem man sich niedergelassen hat.

Und am Besten klingt, was die Fünftklässler sagen: Es ist egal, wo man herkommt. Hauptsache, man fühlt sich wohl dort, wo man ist.

 

V.R. 

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